Warum du dir deine Angst zum Freund machen solltest

Hey du! Schön, dass du hier bist. 🥰

Du kannst dir nicht vorstellen, was für 24 Stunden hinter mir liegen. Gerade (heute ist der 5. August 2021 – 9:30 Uhr) sitze ich im Zug nach Schwandorf. Im Zug! Iiimmm Zuuug!!!  😱🤪

Falls du mich näher kennst, weißt du, dass ich eine leidenschaftliche Autofahrerin bin. Am liebsten würde ich es mit ins Bett nehmen, nur damit es immer bei mir ist. 😃

Noch dazu verbinde ich mit Zugfahren wenig Gutes. Bislang bin ich nur drei Mal in meinem Leben Zug gefahren.

  1. Beim ersten Mal bin ich statt in den Zug nach Frankfurt Oder in den nach Frankfurt Main gestiegen.
  2. Beim zweiten Mal sollte meine Fahrt nur 4 Stunden dauern, dank Schäden auf der Strecke saß ich allerdings 12 Stunden lang im Zug.
  3. Beim dritten Mal habe ich meinen Ausstieg verpasst und bin zu weit gefahren.

Ich will der Bahn gar keine Schuld geben – mir liegt das einfach nicht. 😂

Nun stand mein jährlicher Besuch bei einer lieben Freundin, 400 Kilometer entfernt, an. Aus persönlichen Gründen kann ich derzeit allerdings keine so langen Strecken allein fahren. Daher entschied ich mich kurzfristig für die Bahn. Alle guten Dinge sind doch vier, oder? 😃

Am Anfang ging es mir mit der Entscheidung gut. Aber je näher der Tag der Fahrt kam, umso mulmiger wurde mir. Ich würde allein 6 Stunden mit der Bahn fahren – inklusive zweimal umsteigen. Also viel Potenzial für Baustellen, Einsteigen in falsche Züge und was ich sonst noch so hinbekommen kann. 😂

Gestern Abend spielte ich schon mit dem Gedanken mein Ticket verfallen zu lassen und doch einfach mit dem Auto zu fahren – und zu hoffen, dass alles gut geht. Aber zum einen wäre das riskant für mich und andere im Straßenverkehr gewesen, zum anderen zog sich meine Magengegend bei dem Gedanken an das vergeudete Geld zusammen. Also entschied ich mich, das Ding durchzuziehen. Komme was wolle. 

Glaub mir: Es kam einiges. 😂

Die Sache mit der Angst

Heute Morgen wurde die Angst immer größer. Mir war schlecht, ich war fahrig, gereizt und nervös. Ich schaffte es sogar, meine Brille kaputtzumachen. Die Zeichen standen wirklich nicht gut. Ihren Höhepunkt erreichte meine Panik auf dem Gleis. Mein Mann war extra zum Bahnhof mitgekommen, damit ich auch ja in Magdeburg in den Zug steige. 😂

Als wir dort standen und uns verabschiedeten, schrie meine Angst immer lauter. 

„Bist du irre?“

„Das schaffst du nie!“

„Du bist viel zu doof dafür!“

„Du landest sicher irgendwo an der Küste, statt in Bayern!“

„Fahr einfach mit dem sch…. Auto – es wird schon nichts passieren!“

Als ich dachte, ich müsste mich gleich übergeben, schloss ich die Augen und versuchte mich daran zu erinnern, was ich neulich über Angst gelesen hatte. Die Autorin Martina Nohl schreibt in ihrem Buch „Achte gut auf diesen Tag: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens“ darüber, dass die Angst es nicht böse meint. Sie ist kein Feind. Sie meint es einfach nur gut.

Mach dir die Angst zum Freund

In unserer Kultur ist Angst etwas durch und durch negativ besetztes. Schon von klein auf lernen wir, dass wir keine Angsthasen sein sollen. Memmen seien Loser, die es zu nichts bringen. Dabei glaube ich, dass es ganz normal ist Angst zu haben. Und auch wichtig – denn Angst hindert uns nicht nur am nächsten Schritt. Nein, sie schützt uns auch vor waghalsigen Aktionen.

Ich muss zugeben, dass ich meine Angst auch bis vor Kurzem verteufelt habe. Aber die Zeilen von Martina Nohl in „Achte gut auf diesen Tag: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens“ haben mich wirklich berührt: Meine Angst ist mein Freund.

Sie will mich beschützen, mir zeigen, wo Gefahr oder Herausforderungen liegen. Sie will mich nicht kleinhalten, sondern warnen. Wie Eltern, die ihren Kindern immer wieder sagen

  • „Steig nicht bei Besoffenen ins Auto!“,
  • „Wenn Fremde dir Welpen zeigen wollen, lauf!“ usw.

Eltern meinen es nicht böse – sie wollen das Beste für ihren Nachwuchs. Angst will das auch. Sie will vor Verletzungen, Enttäuschungen und Fehlern schützen. 

💡 Tipp: Und an uns ist es, immer wieder zu hinterfragen, ob die Angst recht hat: besteht eine reale Gefahr? Oder macht sie sich (höchstwahrscheinlich) umsonst Sorgen – wie Eltern, wenn das Kind zum ersten Mal auf ein Date geht?

Im Alltag neigen wir allerdings dazu, unsere Angst einfach wegdrücken zu wollen. Aber das macht sie nur lauter. Wie viele Eltern, wenn das Kind die Tür knallt und von nichts hören will. Besser ist es laut Martina Nohl aber, die Angst wahrzunehmen und zu beleuchten. Sie ist ein Gefühl, wie Freude, Liebe und Traurigkeit – und möchte entsprechend einfach gefühlt und Ernst genommen werden.

Ich stieg in den Zug

All das ging mir durch den Kopf, während mein Mann und ich auf dem Bahnsteig standen und auf den Zug warteten. Als die Bahn einfuhr, nahm ich meine Sorgen gedanklich an die Hand und entschied mich dafür, der Bahn und mir noch mal eine Chance zu geben.

Artikelbild: Komm Angst, wir gehen!

Inzwischen habe ich den ersten Umstieg geschafft und sitze im zweiten Zug, der mich meinem Ziel ein ganzes Stück näher bringt. Und weißt du, was das Tolle ist? Ich kann hier einfach schreiben und meinen Gedanken freien Lauf lassen – und muss mich nicht auf die Autobahn konzentrieren und nicht vier Stunden Gas geben.

Meine Angst vor dem zweiten Umstieg wird inzwischen auch immer leiser. Sie hat wahrscheinlich gemerkt, dass wir das hinbekommen und alles gut geht. Vielleicht war ihr auch nur wichtig, dass ich sie Ernst nehme. 💙


Hattest du schon mal ähnliche Situationen? Wie bist du damit umgegangen? Schreibs mir gern in die Kommentare! 💌

Liebe Grüße

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